Es
war ein trüber Maitag auf einer Anhöhe in den französischen Alpen. Es herrschte
eine Mischung aus Nieselregen und einem sich langsam anbahnenden Sturm. Überhaupt
konnte man das Klima als etwas bedeckt einstufen, bedeckt mit einer seltsam
unwirklichen Stimmung, welche recht lautlos im Hintergrund dahinrieselte.
Der
Mann, der gerade den Hügel hinaufgesprintet war, verschnaufte eine Weile. Er
war nicht mehr im Training, hatte an Kondition verloren, durch die Untätigkeit,
die sie alle heimgesucht hatte. Doch hatte er sich nach einigen Augenblicken
wieder im Griff, blieb reglos stehen und wartete.
Die
Stimmung hatte nichts von ihrer Gleichgültigkeit verloren, jedoch die Stille ein
wenig an Substanz und Glaubwürdigkeit.
Entlang
der Hügelkette konnte der Mann nun drei weitere Männer erkennen, Männer, die
nicht untätig gewesen waren und allem Anschein nach nun ein klares Ziel hatten.
Sie kamen unbeirrbar näher und teilten sich schließlich wortlos auf. Er glaubte, einen von ihnen wiederzuerkennen, und je weiter sie sich näherten,
je sicherer wurde er sich seiner Vermutung. Er erwartete nicht ernsthaft, dass
sein Kontaktmann rechtzeitig eintreffen würde, noch stellte er sich auf
irgendeine Art von Konversation ein.
Er
genoss jedes Mal den Ausblick, der sich ihm von dort bot, die nebelumrandeten Kronen
dieser gigantischen Berge, die ihm das eine oder andere Mal den Atem geraubt
und das Leben gerettet hatten. Er hatte die schneebedeckte Variante immer
bevorzugt, wenn die Skier ihm Rückenwind gegeben hatten und die Kälte ins
Gesicht stach. Davon war zu dieser Jahreszeit allerdings keine Rede und
lediglich ein paar letzte Überreste wollten die Gipfel partout nicht mehr
verlassen, ihn verloren in seinen Gedanken lassen.
Er
hatte noch Zeit. Es waren vom Parkplatz bis hier oben insgesamt fast 40 Minuten gewesen. Sie würden schneller da sein. Es hatte noch Zeit für eine letzte Zigarre. Er hatte sich diesen
Luxus schon lange nicht mehr gegönnt und empfand diesen Zeitpunkt durchaus als
angemessen. Er entnahm seinem Rucksack eine Montecristo 520, die ein Geschenk
eines alten Freundes gewesen war, betrachtete den goldenen Schriftzug und
entzündete sie schließlich. Er kümmerte sich nicht groß um die Rauchwolken, die
nun langsam den Berg hinabglitten; er war so oder so nicht schwer zu erkennen.
Er inhalierte tief, ließ die Rauchringe mit seinen Gedanken ringen und musste
sich eingestehen, dass es nichts zu bereuen gab. Er hatte getan, was getan
werden musste und sich nicht in den ihm verhassten Kleinkriegen verrannt.
Es
waren nun vielleicht noch 5 Minuten und er war in den letzten Zügen,
zuversichtlich, vorher fertig zu werden. Er hatte die Pünktlichkeit und das
Timing immer geschätzt und wollte auch jetzt nicht damit brechen. Die Männer
kamen nun in Sichtweite, ausgestattet mit dem ihm vertrauten HK MG4 mit Visier.
Sie konnten ihn allerdings von dort unten unmöglich vollständig sehen. Er trat
die Zigarre aus, atmete einige Male tief durch. Er hatte einfach nicht so
viel Glück gehabt, wie die anderen.
Er
wollte keine große Schau, legte die Arme schon einmal hinter den Kopf und blieb
so stehen. Eine Ewigkeit für ihn, doch in Wahrheit sicher nur zwei Minuten. Die
Männer kamen nun aus drei verschiedenen Richtungen langsam auf ihn zu. Die
Gewehre waren im Anschlag, die Entfernung noch nicht vielversprechend, als
wider Erwarten tatsächlich der erhoffte Hubschrauber aus den Wolken schoss und scharf
knapp 50 Meter entfernt aufsetzte. Die Tür öffnete sich, doch niemand war zu
sehen. Es war ohnehin zu spät, da die Männer nun in Schussweite gekommen waren.
Er rannte trotzdem instinktiv in Richtung seiner Fluchtmöglichkeit. Es lösten
sich zwei Schüsse, die seine Beine knapp verfehlten. Er war vielleicht noch 10
Meter entfernt, weiterhin niemand an der Tür zu sehen. Er blickte sich kurz um:
die Männer waren stehen geblieben. Er stieg ein, vernahm den Klang der Rotoren
und eine altbekannte Stimme. Sie hätten ihn ohne Mühe erschießen können.
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