Ich liebe
Briefe, bei denen im Sichtfeld in mikroskopischer Schrift irgendeine dubiose
Adresse steht, die zu einer noch dubioseren Firma gehört. Ich mag solche
Nachrichtenumschläge. Sie haben den großen Vorteil, dass man sie erst gar nicht
öffnen muss. Man nimmt eine Lupe, schaut auf den Text im Sichtfeld, wird erneut
von dem Die-Könnens-Auch-Nicht-Sein-Lassen-Erlebnis überfallen, schüttelt für
ein paar Sekunden in einem Schwall von vollkommenem Unverständnis seinen Kopf,
kommt zu dem Schluss, dass gerade solche wichtigen Meldungen den
Briefüberbringern ihren Job sichern und tritt den Gang zum Mülleimer an. Man
spart sich langwieriges Aufreißen und braucht nicht einen Text zu sehen, den
man in exakt dieser Form schon tausendmal gesehen hat.
Manchmal,
wenn ich abends nachhause komme, liegt wie durch Geisterhand ein unscheinbar
aussehender Brief auf meinem Platz am Tisch. Er könnte alles beinhalten. Also
schaue ich erstmal völlig neutral und regungslos diesen
Informations-Transporteur an. Wenn ich dann allerdings in illegaler
Mikroschrift den Text „ILS – Institut für Lernsysteme“ sehe, weiß
ich Bescheid. Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich dieses Teil schon vor
meinen Augen hatte. Die ersten Male habe ich aus reiner Neugier den ganzen
Inhalt betrachtet. Ein durchaus interessanter Text mit den besten Versprechen
für eine erfolgreiche Zukunft. Doch von Lektüre zu Lektüre erhärtete sich ein
schrecklicher Verdacht – der Autor des Textes muss in einer schon lange
andauernden Schreibblockade stecken. Und wohl nur so ist zu erklären, dass die
verschiedenen Versionen, wenn ich sie denn alle noch hätte, erstaunliche
Ähnlichkeiten aufweisen würden. Ich glaube, wenn ich für 10 Jahre nicht mehr
zuhause auftauchen und schlussendlich mit meinen sieben Sachen über der
Schulter gebündelt zurück stapfen würde, sähe ich in der Küche einen
gigantischen weißen Berg, vergleichbar mit dem Tagesgeschäft eines
DSDS-Protagonisten in seiner kurzlebigen Amtszeit. Dieser Berg würde mit
Sicherheit immer weiter anschwellen, würde ich den Absender nicht auf eine
andere Fährte bringen oder meine Spuren geschickt verwischen.
Das
ILS – Institut für Lernsysteme – ist neben der SGD - Studiengemeinschaft
Darmstadt - eine der beiden großen Fernschulen mit Sitz in Hamburg. Irgendwann
hatte ich mal die lustige Idee diesen Heft-Verschicker zu testen und wurde mit
Bergen von abiturvorbereitendem Material überschüttet. Neben der Schule las ich
nun also in diesen Heften, kreuzte Kästchen an und schrieb kurze Antworten auf
noch kürzere Fragen. Doch die Testphase war irgendwann vorbei und da ich mit
meinem Hauptberuf bei Leibe genug zu tun hatte, ließ ich es damit gut sein.
Freundlich
wie sie sind erinnern sie mich seitdem immer wieder an die gute alte Zeit und
dadurch brauche ich ein Viertel meiner Briefe erst gar nicht zu öffnen. Danke
ILS!
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