Translate

Samstag, 1. Dezember 2012

Auf Tour

Dies ist eine Sammlung alltäglicher Situationen aus der Zeit, in der ich noch mit dem Bus gefahren bin. Eine Zeit, in der man viel Zeit hatte. Eine Zeit, in der man endlos lang unterwegs war, dafür aber auch endlos viel gesehen hat. Ein Tagebuch meiner täglichen Ausbildungs-Odyssee. Auf Tour.  



Und die Arbeiter in den Bussen betäuben sich mit Alkohol
Wenn der Tag sich zum Ende neigt 
Der Alkohol, der die Teufel vertreibt
So glauben sie’s wohl
Gedenken dem Verschwommenen aus alten Tagen 
Es sind die Zweifel, die sie plagen
Entscheidungen, die sich als falsch erwiesen
Ratschläge, die falsche Freunde priesen
Schnell die Flasche geleert
Dem Alten den Rücken gekehrt
Und dann sind sie verschwunden, irgendwo in der Nacht
Und am nächsten Tag wird woanders weitergemacht

Sowie die bestimmten Penner am Bahnhof an der Halte
Sie stehen dort bei Regen und Wind und bei eiseskalter Luft
Wo ich froh bin, wenn ich die Minuten bis der Bus kommt aushalte
Doch sie sind ihres klaren Verstandes beraubt, stehen dort in ihrer alltäglichen Kluft
Sie haben aufgegeben, den Mut zu Leben
Und sieden nur noch so dahin
Und wenn der Arbeitstag sich dem Ende zuneigt
Ja, dann wird nachhause, wo auch immer das ist, gegeigt

Und der Vater, der mit seiner Tochter diskutiert
Sie wegen irgendwelchem Geld malträtiert
Er fragt sie wegen jeder Kleinigkeit aus
Quetscht das kleinste Detail aus ihr heraus
Und er denkt nicht dran mal lockerzulassen, nein
Er schlägt immer wieder mit Worten auf sie ein
Er drückt sie fest an seine Seite
Und zusammen suchen sie das Weite

An einem U-Bahnsteig da ist ein Restaurant in einer großen Stadt
Die Leute sind hier nur auf dem Durchreiseverkehr
Ein langer Aufenthalt findet selten statt
Hier kam der Glücksspieler vor kurzem her
Er sitzt dort in der einen Hand ein Glas Bier, in der anderen eine Zigarette
Und so geht’s weiter, jede Wette
Berauscht scheint er vom Spielautomat
Auf dem man viele Zahlen blinken sieht
Es erklingen monotone Töne, kommt das Ding erstmal in Fahrt
Die Hoffnung auf Glück und ein bisschen Beschäftigung brachten ihn her
Es ist die Auseinandersetzung vor der er flieht
Und immer wieder diese Figuren, die da blinken
Mal sind’s vier, mal gar fünf, da muss doch was stinken
Denn es sammelt sich immer mal wieder ein bisschen Kohle an per Digitalanzeige
Doch, verdammt, der Spieler verpasst auf die Auszahl-Taste zu klicken
Und am Ende lässt sich das ganze scheiß Geld nicht mehr blicken
Aufgebraucht wird der letzte Schluck von seinem Bier
Und danach ist er nicht mehr hier
  
Sie las ein Magazin über Dekoration und schlief auch bald darauf ein
Und der schwarze Hund auf dem Schoß des Jungen streckte die Zunge raus und rein
Warum schaut sie nur so gleichgültig drein
Als wäre alles verloren
Und der Tag nur zum Dahinsieden auserkoren
Schnell die Einkäufe vom Aldi eingekauft
Schnell die Packung Zigaretten beim Kiosk um die Ecke besorgt und aufgeraucht
Dann im Bus für 1,90 die Kurzstrecke ausgesucht
Und nebenbei diesen scheußlichen Tag verflucht
Zuhause wird dann noch nen bisschen was lieblos zusammengekocht
Und sich dann bis in die Puppen an den Fernseher gehockt
Alles scheiße oder was ist los, glaubst du wir haben’s nicht schwer, komm sag bloß
Und auf dem schwarz-weißen Tuch sitzt der Hechler im Hauptberuf
Was wohl den Jungen vor Schlimmerem schützt
Wer weiß schon, was der kleine Schwarze sonst noch so treibt
Brille auf und Linkin Park T-Shirt mit Zeichentrick-Figuren drauf
Ist jetzt Zeit das verdammte Unterleg-Tuch zu entfernen
Und mit dem ganzen Kram geht’s auf zu den Sternen

Er trägt eine Brille, doch hierdurch fällt er gar nicht mal auf
Denn auf seiner Kinnhaut ist ein riesen Bärtchen drauf
Lange Haare schmücken seinen üppigen Rücken
Und es ist fraglich, doch manche kann er mit seiner Erscheinung wohl entzücken
Er redet mit nem Freund und dabei zeigt er unglaubliche Begeisterung
Auch wenn er ein bisschen lispelt, man kann schon ahnen, er ist nicht dumm
Soviel weiß er zu erzählen und vorbei rauschen die Häuser
Steht da am Fenster und wartet auf das Ende seiner Fahrt
Und mit seiner enthusiastischen und auch sehr eigenen Art
Hat sich dieser sympathische Freak jetzt das Weiterfahrn gespart

Er wetzt auf und ab, er macht nie schlapp
Du kannst ihn gar nicht verfehlen
Wenn du eine Runde durch das Städtchen gehst, dann siehst du ihn schon laufen
Mit seiner Aktentasche unterm Arm
Wie ein Marathonläufer völlig vernarrt, der will nicht mal eben Brötchen kaufen 
Man kennt nicht den Start, man kennt nicht das Ziel
Doch eins weiß ich, er redet unendlich viel
Kaum ist der Motor warmgelaufen
Eine saubere Fahrt ohne Schnaufen
Dann auf die Bremse wie in Rage
Er wittert wohl eine fette Gage
Für ein paar Gespräche ist immer Zeit
Das nächste Opfer ist niemals weit
Denn er ist jederzeit bereit
Und irgendwo ist wohl der Weg zuende
Seine Bände füllen wohl ganze Wände
Voller Reden aus seinen Sportlerjahren
Die hat er sicher eins zu eins übertragen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen