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Donnerstag, 18. Oktober 2012

Vom Verlieren und Wiederfinden

Eine Magie lösen die Dinge aus, die für immer verloren scheinen, doch dann plötzlich wieder zu einem finden, wenn man sie schon aufgegeben hat. Jeder hat in irgendeiner Form so etwas schon einmal erlebt und Manchem fallen sogar direkt mehrere Anekdoten ein. Man muss diesen Begebenheiten nur Beachtung schenken!

Ein Beispiel aus eigener Erfahrung:

Während meiner Botendienstfahrten kann es doch das ein oder andere Mal vorkommen, dass ich den Bürgersteig mal kurz begrüße. Im glücklichsten Fall entsteht dadurch noch nicht einmal ein klitzekleiner Kratzer auf der Prachtseite der sogenannten Zierblenden. Im nicht ganz so glücklichen Fall muss man mit ein paar Gebrauchsspuren vorlieb nehmen und dazu stehen: Nichts hält ewig! Hat man ein wenig Pech, löst sich die Radkappe bei diesem Vorgang von der Felge. Mit ein wenig Glück im Unglück fällt einem dies aber noch rechtszeitig auf. Doch wie überall gibt es auch hierbei einen Worst Case, der nämlich dann eintritt, wenn die Radkappe abgeht, aber man dies nicht bemerkt und dadurch hinterher überhaupt keine Ahnung mehr hat, wo dies geschehen ist. 

Während ich nach erfolgreicher Lieferfahrt den Apothekenparkplatz wieder befuhr und mich in langsamem Tempo in den Parkplatz schlich, ahnte ich noch nichts, doch als ich mich anschließend zur Beifahrerseite begab, um die Kisten auszuladen, fiel es mir sofort ins Auge: Die hintere Radkappe auf der rechten Seite fehlte plötzlich. Ich nahm dies in sicherer Aussicht meines ersehnten Feierabends so hin und brachte ohne Umschweife die Überbleibsel meiner Reise in die Apotheke. Ich hatte an diesem Abend kein Interesse mehr, mich darum zu kümmern, musste mir aber eingestehen, dass ich das Teil wohl nie wiederfinden würde. 

Bald darauf brachten wir den Passat in die Werkstatt zur Reparatur. Dort stand er ein paar Tage und als er wieder in Ordnung war, holten wir ihn ab. Der rechte Hinterreifen war selbstverständlich immer noch nackt, da wir vergessen hatten, dies zu erwähnen und in Auftrag zu geben.
Erst als das Auto wieder in Sichtweite auf dem Hof stand, bemerkte mein Vater das Manko. Darauf rief er bei der Werkstatt an und schilderte das Problem. Uns wurde geraten, erst einmal mit dem Wagen vorbeizukommen – im Idealfall läge irgendwo noch eine alte Radkappe herum, die die Blöße bedecken könnte. 

Kurz darauf machte ich mich auf den Weg. Als ich angekommen war, betrat ich das Gebäude und steuerte sofort auf die Verkaufsabteilung zu. Dort wurde mir weitergeholfen und nach einer kurzen Besichtigung des Autos war auch die Teilenummer des Übeltäters gefunden. Auf meinen Wunsch hin wurde die Radkappe bestellt und mir für den darauffolgenden Tag zugesichert. 

Am nächsten Tag machte ich während meiner Tour einen kleinen Abstecher ins Autoreich und hatte nach einer Weile dann endlich das heiß ersehnte Teil in den Händen. Ich drückte es an die Felge, musste kurz über den Unterschied zwischen Alt und Neu schmunzeln und setzte meine Fahrt fort. 

Als ich mit dem Botendienst fertig war, erreichte ich gerade rechtzeitig zum Feierabend die Apotheke, sah mich aber mit weiteren Lieferaufträgen konfrontiert. Ich hielt mich noch eine Weile dort auf und setzte schließlich zur letzten Runde an. Noch vor dem Einsetzen der Dunkelheit erreichte ich die Pohlhauser Straße und wähnte mich schon fast in den eigenen vier Wänden. Nachdem ich die Medikamente abgegeben hatte, fuhr ich – durch das Wohngebiet bedingt – langsam zurück Richtung Hauptstraße. Ich guckte kurz auf mein Handy und verlangsamte die Fahrt weiter. Ich stand praktisch. In diesem Moment blickte ich für den Bruchteil einer Sekunde aus dem Beifahrerfenster. Irgendetwas Silbernes streifte mein Sichtfeld und zog mich in den Bann. Dieses etwas war auf den zweiten Blick klar als eine Radkappe zu identifizieren. Ich gab nicht viel darum, obgleich ich sofort bemerkte, dass sie auch von VW war. Sie lag verloren am Wegesrand und ich saß verloren im Auto. Wir mussten einfach zueinander finden. Ich hielt vollends an, stieg aus, bewegte mich auf sie zu und untersuchte sie. Dunkle Rußspuren – schon einmal ein Anfang. Ich war noch nicht so ganz überzeugt. Doch dann ein weiteres Indiz: Markante Gebrauchsspuren neben dem Markenlogo. In diesem Augenblick wurde mir eins klar: Ich kannte dieses Etwas! Ich schüttelte mit einem breiten Grinsen den Kopf und ließ es behutsam in meinem Lupo Platz nehmen, wo es sich sofort  wohl fühlte, auch wenn es nur bedingt mit ihm verwandt war.




Manchmal finden Dinge einen, auch wenn man sie für verloren hält.

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